Auf Gangstertour in Chicago & New York City im Sept./Okt.2011
Endlich war es soweit, ich besuchte zwei Städte, die ich bisher nur aus Romanen oder Filmen kannte. Zwei Städte voller Kriminalgeschichte, oder wie der Amerikaner sagt „Crime History“.
Al Capone und Elliot Ness haben sich schon zu ihren Ahnen versammelt und ich konnte auch den irischstämmigen Privatdetektiv Pat Connor nicht mehr interviewen. Er hat unterdies auch das Zeitliche gesegnet und trinkt jetzt sicher im Nirwana einige Whiskeys mit Bogey. Immerhin werden seine Kriminalfälle die er vor Jahrzehnten aufgezeichnet hatte vom Bastei-Verlag dem interessierten Leser in Heftform wieder zugänglich gemacht. Auch den einstmals härtesten Cop Chicagos konnte ich nicht mehr befragen. Sein Name war Frank Ballinger, Lieutenant im „Dezernat M“ (M Squad) einer Spezialabteilung der Chicagoer Polizei. Oder hieß er Lee Marvin…? Auch er ist leider nicht mehr unter uns.
Elliot Ness
(Quelle: Museum of the American Gangster, New York City)
Vom Chicago „Big Al´s“ und Elliot Ness ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die Stadt ist sehr sauber und in der Downtown findet man gar keine Schmuddelecken mehr. Jedoch gibt es noch steinerne Zeugen die die Zeiten der großen Gangsterkriege erlebt haben. Es stehen in der „Windy City“ noch schöne alte Wolkenkratzer aus den 20er und 30er-Jahren. Ich wohnte zum Beispiel im Allerton Hotel, das zwischen 1922 und 1924 erbaut wurde und die wilden „Roaring Twenties“ der Prohibitionszeit in Chicago erlebt hat.
Das Allerton Hotel auf der North Michigan Avenue
Das Hotel ist eine Sehenswürdigkeit
Fotos: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
Aber in Chicago gibt es Experten die man befragen kann. Man bucht ganz einfach eine Fahrt mit der „Untouchable Tours“. Hier erfährt man sachkundig von „Big Julie“ bei einer gemütlichen Rundfahrt, ab und zu unterlegt mit MP-Feuer vom Tonband, wie sich die Gangsterkriege damals abgespielt hatten.
www.gangstertour.com
Man lauscht den Berichten über die North Side, South Side und Westside Gang. Eine East Side gibt es nicht in Chicago, es sei denn man wohnt auf dem Lake Michigan. So wurde zum Beispiel vor Schofields Blumenladen, gegenüber der Holy Name Cathedral, der Gangster Earl „Hymie“ Weiss von Killern per „Chicago Typewriter“ (Gangsterausdruck für die Thompson Maschinenpistole auch „Tommy Gun“ genannt) weggeblasen. Wo einstmals der Blumenladen stand ist heute ein Parkplatz. Die Kathedrale vor der die Killer auf Hymie lauerten steht heute noch. Auch das Gebäude, in dem sich 1929 das St. Valentins Tag Massaker abspielte steht nicht mehr. Heute steht dort ein Wohnhaus links daneben befindet sich eine Grünfläche.
Polizeiliche Rekonstruktion des St. Valentine´s Day Massacre
(Quelle: Museum of the American Gangster, New York City)
“Big Julie” bringt das alles mit Humor rüber. Er war von 1955 – 1958 als GI in Würzburg stationiert und kennt daher auch meine Heimatstadt Hanau, sowie Frankfurt. 1958 fuhr er von Bremerhaven mit demselben Truppentransporter zurück in die Staaten, mit dem kurz vorher Elvis angelandet war.
„Big Julie“ und „Blofeld“
Blofeld vor dem Bus
Der schwarze Bus der „Untouchable Tours“
Fotos: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
In den Chicagoer Souvenirläden ist Al Capone überall gegenwärtig. Da gibt es von ihm Kaffeetassen, Whiskeygläser, T-Shirts, Basecaps usw. Klar, dass ich mich auch mit diversen Souvenirs von „Big Al“ eingedeckt hatte.
Al Capone und sein Sohn lassen sich von einem Baseballer ein Autogramm geben. Rechts im Hintergrund einer von Capones Leibwäch- tern, der zur Waffe greift, da er meint etwas Verdächtiges bemerkt zu haben.
(Quelle: Museum of the American Gangster, New York City)
Nach der Prohibitionszeit kam die Zeit der großen Depression. Da machten andere von sich reden. Dabei handelte es sich nicht wie bei den Gangsterbanden der Prohibitionszeit um irische, italienische und jüdische Einwanderer, sondern um bodenständige Amerikaner aus dem Mittelwesten, zumeist aus dem Farmermilieu stammend. Dies waren z. B. John Herbert Dillinger, „Pretty Boy“ Floyd, „Babyface“ Nelson, “Machine Gun” Kelly u. a. Es war die sogenannte “Public Enemy Ära”, die auch gleichzeitig Hoover´s FBI groß machte. Nr. 1 auf J. Edgar Hoover´s Liste war John Dillinger, sein Großvater war ein deutscher Einwanderer.
Dillinger wurde durch den Verrat einer rumänischen Prostituierten namens Anna Sage, auch bekannt als „Lady in Red“, dem FBI ans Messer geliefert.
Melvin Purvis
(Quelle: Museum of the American Gangster, New York City)
Special Agent Melvin Purvis bezog vor dem „Biograph Theater“, einem Kino in der North Lincoln Avenue in Chicago, mit einem Einsatzkommando bestehend aus G-Men und lokalen Polizeibeamten, Stellung. Dillinger befand sich gerade mit weiblicher Begleitung, darunter der Tipp-Geberin Anna Sage, in der Vorstellung eines Gangsterfilms mit Clark Gable. Titel: Manhattan Melodrama.
Als Dillinger aus dem Kino kam und irgendwie merkte, dass etwas nicht stimmte, versuchte er in eine Seitenstraße zu fliehen, wurde jedoch von den G-Men durch fünf Schüsse tödlich verletzt.
Diagramm von der Erschießung Dillingers
(Quelle: Chicago History Museum)
In dieser Seitenstraße, rechts neben dem „Biograph“, wurde John Dillinger am 22. Juli 1934 von FBI-Beamten erschossen
Foto: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
Die Totenmaske Dillingers
(Quelle: Chicago History Museum)
An einem Mittwoch, als meine weibliche Begleitung im Loop shoppen war, machte ich mich per U-Bahn auf zur North Lincoln Avenue um mir endlich einmal das „Biograph“ anzusehen. Für den Film „Public Enemy“ mit Johnny Depp wurde übrigens an diesem Originalschauplatz gedreht und für die Filmaufnahmen fast die gesamte Straße wieder in den Zustand der dreißiger Jahre „zurückgebaut“. Es wurde sehr viel abgeschraubt an den Häusern damals.
Es war schon ein faszinierender Moment vor diesem Gebäude zu stehen, das auch heute noch ein Kino beherbergt und unter Denkmalschutz steht. Vom Manager des Hauses bekam ich die Erlaubnis auch innen Aufnahmen zu machen.
Das Biograph Theater im September 2010
Das Gebäude steht unter Denkmalschutz
Das Foyer des Kinos im heutigen Zustand
Eingerahmt hängt noch heute neben dem Treppen- aufgang das Plakat zu dem Film „Manhattan Melodrama“
Die Box (Kinokasse) steht noch an demselben Platz am Eingang, wie in den dreißiger Jahren
Gegenüber dem „Biograph“ gibt es diese Kneipe mit Dillinger´s Namen
Fotos: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
Nach knapp einer Woche hieß es „Bye, Bye, Chicago – „Hello New York!“
Im „Big Apple“ besuchte ich zuerst das Museum des New York Police Department. Leider war das Gebäude eingerüstet, sicher wird da renoviert, so dass leider keine Streifenwagen vor dem Eingang standen. Auch die Abteilung im Gebäude indem sich die Fahrzeuge befinden war zur Zeit geschlossen. So fotografierte ich zwei alte Harleys.
Historische Motorräder und Uniform der Motorradstreife
Im Museum gibt es viele Waffen, Abzeichen und Uniformen zu sehen, auch viele Schaubilder vom 11. September 2001 und den damit verbundenen Einsatz der New Yorker Polizei. Als ich an einer alten Polizeizelle vorbeikam die man im Museum aufgebaut hat, musste ich unwillkürlich an jede Menge Politiker denken…
Historische Polizeizelle im NYPD Museum
Eine der Schauvitrinen mit Waffen
Fotos: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
Das Museum ist auf jeden Fall für alle kriminalhistorisch interessierten Besucher sehr interessant, die einmal nach New York kommen sollten.
www.nycpolicemuseum.org
Bei den Sightseeing-Rundfahrten mit einem Doppeldecker kam ich auch beim Federal Building vorbei, indem sich neben anderen Bundesbehörden auch das New Yorker Field Office des FBI befindet. Und wer arbeitet da? Na? Genau der!
G-Man Jerry Cotton und sein Freund und Kollege Phil Decker. Bei einer Vorbeifahrt ließ ich mich mit der Cotton-Mütze fotografieren. Das Tragen dieser Mütze war übrigens während meiner vier Tage in New York obligatorisch!
Das Federal Building. Hier geht G-Man Jerry Cotton ein und aus
Blofeld auf dem Doppeldecker, im Hintergrund das Federal Building
Fotos: ©Copyright: Arndt-H. Marx, Hanau
Vor einigen Monaten las ich in einem Jerry Cotton-Heft die Mitteilung, dass es in New York seit einiger Zeit ein „Museum of the American Gangster“ gibt. Auch im Internet fand ich dann einiges darüber. Somit hatte ich ein weiteres Reiseziel in New York.Auf der Sightseeing Tour bin ich an der Haltestelle im East Village ausgestiegen und gegenüber am St. Marks Place Nr. 80 befindet sich das Museum. Nebenan befindet sich ein Theater. Das Haus gehörte früher einem Gangster namens Walter Scheib, der während der Prohibitionszeit in dem Gebäude ein „Speakeasy“, eine Flüsterkneipe untergebracht hatte. Es war das größte „Speakeasy“ in New York. Außerdem befand sich im Keller ein großes Vorratslager an geschmuggeltem Alkohol. Der ganze Keller ist ein einziger Fuchsbau. Es wurden dort in den sechziger Jahren zwei eingemauerte Safes gefunden, in denen sich 2 Millionen Dollar befanden.
Ich fragte den freundlichen Museumsleiter Lorcan Otway, ob die Nachbarschaft nichts bemerkt hätte. Es müssen doch riesige Bauarbeiten im Gange gewesen sein und viel Erde musste weggeschafft werden. Darauf antwortet er mir: „Ein guter Gangster macht sich seine Nachbarschaft nicht zum Feind.“ Aha, die Kasse stimmte und alle ringsherum hielten dicht.
Der Keller des Museums wird jetzt erst nach und nach erschlossen, Auch wird im Keller wieder ein „Speakeasy“ eingerichtet. Natürlich alles mit Originalmobiliar!
Als ich beim Museum ankam, befand sich dort gerade ein Reporter der „New York Times“ mit Fotografin. Der hatte gleich mit dem kriminalhistorisch interessierten „Tourist from Germany“ ein kurzes Interview gemacht und einige Fotos wurden auch von mir geschossen.
www.museumoftheamericangangster.org
Einer der im Keller gefundenen Safes
Das ehem. Vorratslager für den Alkohol
Wandtelefone durch die Warnungen nach unten telefoniert wurden, wenn eine Razzia kam
Im Haus des Gangstermuseums befindet sich auch ein Theater
Eingangsschild des Gangstermuseums
Fotos: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
Die USA-Reise war schon einmal in kriminalhistorischer Sicht sehr interessant. Falls mal jemand nach Chicago oder New York kommt und ebenfalls so krimibegeistert ist wie ich, kann ich ihm nur raten diese Schauplätze ebenfalls einmal zu besuchen.
Blofeld unter Cops!
Foto: ©Copyright, Arndt-H. Marx, Hanau
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